Ann-Katrin Berger hat es wieder getan. Auch gegen Schweden,
im dritten Vorrundenspiel, ging sie am Rande eines fatalen Ballverlusts
spazieren. Einmal schlug sie einen Pass zu weit, einmal schoss sie eine
Stürmerin an. Der Ball landete jeweils beim Gegner. Und deutsche Fans hielten
die Luft an.
Berger hatte zweimal Glück, dass aus ihren überriskanten
Spieleröffnungen kein Gegentor wurde. Sonst würde man vor dem Viertelfinale
gegen Frankreich, das am Samstag (21 Uhr) in Basel ausgetragen wird, noch
aufgeregter über die deutsche Torfrau diskutieren. Bergers Aktionen sind
gefürchtet. Allerdings nicht beim Gegner, sondern bei den eigenen Fans und
ihrem Trainer.
Schon den 2:1-Sieg gegen Dänemark in der Partie zuvor
brachte sie mit Dribblings in Gefahr. Die ersten zwei Male mischte sich in das
allgemeine Kopfschütteln noch Staunen im Publikum, weil sie ihre Gegnerinnen
lässig ausgeigte. Doch kurz vor Ablauf der 90. Minute, als sie sich ins Eins
gegen Eins außerhalb des Strafraums stürzte, musste sie einen zusätzlichen
Ballkontakt einstreuen, da sie die Distanz zur Stürmerin falsch eingeschätzt
hatte. Das war äußerst knapp. Jetzt war nicht mehr viel Staunen, jetzt war nur
noch Genervtsein.
“Nein!”, lautete Christian Wücks Antwort nach dem
Dänemarkspiel auf die Frage, ob es in Ordnung sei, was Berger da treibe. Dann
legte der Bundestrainer eine Pause ein und blickte von rechts nach links in den
Pressesaal, als wollte er sicherstellen, dass seine Botschaft bei allen
ankommt. Er wolle mit ihr reden, sagte er, um ihr das auszutreiben. “Sonst
werde ich nicht alt.”
Seine übermutige Torfrau schien das anders zu sehen und hat
sich wohl intern mit ihrer Sichtweise durchgesetzt. Nach dem Schwedenspiel
sprach sie mit Journalisten in der Mixed Zone über Wücks Statement, als wüsste
sie nicht, was gemeint ist. Wück selbst wollte seine Kritik später anders
verstanden wissen, tat die Sache als reine Mediendebatte ab, knickte ein.
Vermutlich bereut er, seine Torfrau öffentlich kritisiert zu haben. Seine
Meinung über sie wird er kaum geändert haben.
Torwarttechnisch kein Einserabitur
Torhüter sind oft extreme Charaktere, die Trainern und
Mitspielerinnen einiges an Nachsicht abverlangen. Die nehmen das in Kauf –
solange sie gut halten und sich mutig Schüssen und Stürmerinnen entgegenwerfen.
Doch Berger ist auch in ihrem Kerngeschäft, dem Bällehalten, nicht über jeden
Zweifel erhaben. So sah sie beim Turnier in der Schweiz bei Gegentoren ein paarmal schlecht aus.
Am deutlichsten war das beim schwedischen Ausgleichstor zu
sehen. Bergers Nichtreaktion ließ viele Beobachter um Fassung ringen.
Regungslos ließ sie Stina Blackstenius’ Schuss passieren, der nur gut einen
Meter an ihr vorbeizischte. Man kann der Torfrau nicht ankreiden, dass sie
diesen festen Schuss nicht parierte.
Was man Berger jedoch vorwerfen muss: Sie sollte wenigstens
immer alles tun, um einen Treffer zu verhindern, es der Schützin so schwer wie
möglich machen. Berger unterließ jedoch sogar den Auftaktsprung, mit dem
Torhüterinnen Körperspannung aufbauen wie ein Tennisspieler am Netz. Sie
verlagerte zudem ihr Körpergewicht auf ein Bein, auch noch das falsche.
Torwarttechnisch war das eher kein Einserabitur. Einfach nur stehen bleiben signalisiert zudem dem Gegner: “Hier könnt ihr schießen! Die Chancen stehen gut.”
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